dfg - Ausgabe 29+30 - 14

Hersteller MC.B Verlag GmbH

Artikel-Nr.: SW10177

 

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Produktinformationen "dfg - Ausgabe 29+30 - 14"

Verlagsmitteilung:
Die politisch weniger ereignisreiche Zeit, die so genannte parlamentarische Sommerpause, nutzt die dfg-Redaktion für intensive Recherchen.

Daher erscheint die nächste dfg-Ausgabe am 31. Juli 2014.

Dokumentation:
Primärversorgungsteams: Wien schafft Blaupause für deutsche Strukturreform

(dfg 29 + 30 – 14) Man stelle sich einmal folgendes, traumhaftes Szenario vor: CDU-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe MdB (53) beriefe eine schwarz-rot wie hochrangig besetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe (AG) zur Neujustierung der ambulanten medizinischen Versorgung der Bevölkerung in Deutschland ein. Ziel der AG wäre es, endlich die Probleme um die hausärztliche Versorgung – nicht nur im Ländlichen Raum – einvernehmlich und vor allem nachhaltig zu lösen. Mitglieder dieser AG wären nicht nur der Bundesminister selbst, sondern schön nach Parteigesichtspunkten austariert interessierte MinisterpräsidentInnen der Länder, Landesgesundheitsminister- und –senatorInnen sowie der Vorstand des Spitzenverbandes Bund der Kranken-kassen (GKV-SV). Das Gremium würde zwar nicht in Permanenz, dafür aber unter konklaveartigen Bedingungen tagen. Details gelangten nur in den seltensten Fällen an die Öffentlichkeit. Die diversen Organisationen der Leistungsanbieter würden zwar von den erzielten Ergebnissen ab und an ins „Benehmen“ gesetzt, dürften Änderungswünsche anbringen. Aber nicht mitreden und schon gar nicht mitentscheiden. Und: Nach wenigen Monaten würden Gröhe und Sprecher der drei weiteren „Bänke“ vor die Medien treten und ein fertiges, wie revolutionäres Konzept zur Umwandlung der Primärversorgung präsentieren. Im Folgejahr, also ab 2015, begänne die Umsetzung des Kon-zeptes durch Pilotphasen. Ein öffentlich ausgetragener „Affenaufstand“ der Leistungsanbieter, vor allem von Seiten der Vertragsärzteschaft, bliebe aus.

Die Form eines „Konklaves“ – bei dem die Entscheidungsträger in einen Raum eingeschlossen werden bis sie sich einigen – existiert bereits seit 1241. 1977 dürfte sich der damalige CDU-Bundessozialminister Dr. phil. Norbert Blüm (78) an diese Tagungsform erinnert haben als er die „Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen“ schuf, die in ihrer Hochzeit hinter hermetisch verschlossenen Türen tagte. Das ist lange her. Die Blüm-Idee denaturierte im Hader der Akteure des „Haifischbeckens Gesundheitswesen“ zum Auditorium für Fensterreden. Viele notwendige Reformansätze versickerten in diesem Jahrtausend, der Korporatismus erkämpfte sich im bundesdeutschen Gesundheitswesen die Oberhand.

Daß man aber im deutschsprachigen Raum sehr wohl etwas Revolutionäres, Neues auf den Weg bringen kann, weiß man seit dem 30. Juni 2014. Seit diesem Tag grassiert zumindest in der Bundesrepublik Österreich das Zauber-wort „Primärversorgungsteam“, in dem der Hausarzt nur noch Lenker eines interdisziplinär zusammengesetzten Teams von Heil- und Heilhilfsberuflern ist, aber der Aura des „Halbgottes in Weiß“ entkleidet. Weil er selbst dafür gesorgt hat. Denn wer als Gesundheitsdienstleister auf die Einhaltung seiner „work-lilfe-balance“ pocht, darf nicht erwarten, daß man ihm noch ohne Diskussionen folgt. Ob ab 2016 die hausärztliche Versorgung dann mehr und mehr in Lokalen Gesundheitszentren (LGZ), in MVZen oder in größeren Praxen erfolgt, das ist zwischen dem Neusiedler und Bodensee weitgehend egal. Wichtig ist: Längere Öffnungszeiten garantieren den Patienten einen direkten Zu-gang zu den von ihnen benötigten Therapeuten. Der Arztvorbehalt für viele Details ist dann passé. „Delegationen“ erleichtern allen Akteuren das Handeln. Und: längere Wartezeiten sollen entfallen, weil der Hausarzt gelernt hat zu kooperieren. Die Zahl der Klinikambulanzen wird abgebaut.

Was für so manchen Entscheidungsträger in der bundesdeutschen Gesundheits- und Sozialpolitik wie ein „Traum“ bzw. manchen wie ein „Alptraum“ erscheint, mit dem man die heutige „Politik der Trippelschritte“ in einem Bereich ein für allemal ad acta legen könnte, ist keine Hexerei, wenn man nur will. Vorexerziert hat es die rot-schwarze Große Koalition, die seit 2008 im Nachbarstaat die Geschicke Österreichs lenkt. Der ansonsten immer wieder öffentlich kritisierte SPÖ-Bundesgesundheitsminister Alois Stöger (53) brachte nicht nur alle Beteiligten an einen Tisch. Sondern als ehemaliger Chef der Selbstverwaltung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖGKK) wußte er anscheinend nur zu gut, an welchen Stellschrauben er drehen mußte, um mächtige Landesfürsten, aufmüpfige Landeskollegen, den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wie auch die streitbare Österreichische Bundesärztekammer zu konsensualen Eingeständnissen zu bringen. Das 27-seitige Papier der „Bundes-Zielsteuerungskommission“, so hieß die Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Nachbarstaat, liest sich in vielen Teilen wie eine „Blaupause“ für das deutsche System. Das Ziel: „Das Team rund um den Hausarzt“ einzuführen, folgt in vielen Teilen auch den diversen Gatekeeper-Vorschlägen, die die internationale Wissenschaft in den letzten Jahren entwickelte. In Deutschland hat man jahrzehntelang Gedanken dieser Art mit eifrigem Kopfnicken zur Kenntnis genommen, um die Gutachten dann meist unbearbeitet in den Stahlschränken vermodern zu lassen. Trotz aller Warnungen produzierten die Universitäten fachärztlich ausgerichtete Mediziner und vergaßen, daß die große Basis der Bevölkerung eigentlich nach einem Haus- und Familienarzt verlangt, der sich nicht nur den kleinen und größeren Befindlich-keitsstörungen widmet, sondern handelt, wenn es notwendig erscheint. Ideen wie der Flickenteppich an hausarztzentrierten Verträgen (HzV) reichen bei weitem nicht aus, um die Bedürfnisse der Menschen zu decken. Zumal es nur zu oft ums Geld ging, nicht um eine Optimierung der Versorgung. Hoffentlich stößt das österreichische Gedanken- und Tatenkonzept in Berlin etwas an und fördert die Tatkraft!

Mit Genehmigung des Wiener Bundesgesundheitsministeriums dokumentieren wir das Konzept im vollen Wortlaut.

 

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